Bustee Welfare Centre (BWC)

Das Vocational Training Centre (VTC)

Zusätzlich zum regulären Schulbetrieb gibt es eine Berufsbildungseinrichtung am BWC, das Vocational Training Centre. Hier können BWC-Kinder, die die Schule nicht weiter besuchen können oder wollen, praktische und handwerkliche Fähigkeiten erwerben. Außerdem steht das VTC externen jungen Frauen und Männern aus den bustees offen. Insbesondere die berufsqualifizierenden Angebote sehr gefragt. Mit einem staatlichen Zertifikat in der Tasche ist es weitaus einfacher, sich ein Leben abseits von Elend und Fremdbestimmung zu erarbeiten.

1997 eröffnet, fanden in den Anfangszeiten des VTC vor allem Handarbeitskurse statt, mit gespendeten Nähmaschinen und Material. Das Angebot ist kontinuierlich vertieft und um verschiedene Spezialgebiete erweitert worden. Die Mädchen und jungen Frauen lernen kunstfertige Techniken, von Stickerei und Spitzenhäkeln bis zur Herstellung von festlicher Kleidung und Accessoires. Damit können sie nicht nur sich selbst und ihre Familien ausstatten, sondern produzieren auch Stücke, deren Verkaufserlös in die Finanzierung ihrer Ausbildung einfließt.

In hauswirtschaftlichen Kursen beschäftigen sie sich mit allem, was für die Versorgung der eigenen Familie und überdies für qualifizierte (also gut bezahlte) Tätigkeiten in fremden Haushalten wissenswert ist. Es wird gut und gesund gekocht, die Einkäufe systematisch geplant und budgetiert. Auch das ist sehr hilfreich für Verbesserungen in den bustees, wo man eher von Tag zu Tag und oft ungesund lebt.

Für Zertifikatskurse mit Abschlüssen „Elektriker“ (Electric Wiremanship) und „Kosmetikerin“ (Beautician) müssen Bewerber die Schule bis zur achten Klasse abgeschlossen haben. Nach Kursende erhalten sie ein Diplom und somit eine große Chance, sich selbständig zu machen oder eine gute Stelle zu finden. So sind beispielsweise Kosmetikerinnen / Stylistinnen immer mehr gefragt. Sie kommen ins Haus, bieten Behandlungen und spezielle Dienstleistungen wie Braut-Make-up, festliche Frisuren, Mehndi (traditionelle, ornamentale Körperbemalung mit Henna) an. Manche Absolventen geben ihr Können als Lehrer weiter.

Mother & Child Project

In den bustees haben es Frauen meist am schwersten. Sie sind rund um die Uhr für die Familie da, arbeiten oft zusätzlich als schlecht bezahlte Haushaltskraft. Viele sind sozial isoliert und mit ihren Problemen komplett allein gelassen, sie „gelten nichts“. Insbesondere für jüngere Frauen initiierte das BWC im Jahre 2008 das „Mutter & Kind-Kurse“. Hier können sie nicht nur mit anderen eine neue Gemeinschaft finden, sondern täglich zusammen und mit ihren Kindern lernen, mit dem Effekt „The mother learns, the child learns, the whole family benefits“ („Die Mutter lernt, das Kind lernt und die ganze Familie hat etwas davon“).

Ganz wesentlich ist dabei eine Veränderung des Bewusstseins und der Selbstwahrnehmung. Dadurch dass sich die Teilnehmerinnen öffnen, ihre Erfahrungen und Sorgen teilen, gemeinsam lernen und mit ihren Kindern beschäftigen, eröffnen sich ihnen neue Lösungswege. Sie werden selbstbewusster und nehmen ihre eigenen Bedürfnisse besser wahr. Unterstützt von den BWC-Mitarbeiterinnen lernen sie viel Praktisches, um ihren Alltag einfacher gestalten zu können. Und sie lassen sich von den Montessori-Lehrerinnen bei Spielen und Erziehungsfragen anleiten. Man sieht es ihnen an: sie kommen besser mit sich selbst und miteinander zurecht. Darüber hinaus sind Ausflüge und Aktivitäten äußerst bereichernd für alle z.B. zum ersten Mal in den Zoo zu gehen – dort waren die Mütter auch noch nie.

Adult Literacy Program

Dieses Projekt entstand aus einer typischen BWC-Community-Idee heraus. Viele Mütter kommen im Büro der Sozialarbeiterinnen vorbei, um sich Rat zu holen und kleinere Geldbeträge (für Anschaffungen oder das Schulgeld für Externe) abzuholen. Dabei fiel auf, dass viele von ihnen nicht lesen und schreiben können, aber unheimlich stolz darauf sind, dass ihre Kinder zur Schule gehen können. Viele dieser Frauen ständig erschöpft und ohne Selbstwertgefühl: sie stehen in aller Frühe auf, versorgen die Familie, arbeiten, versorgen die Familie, arbeiten…es bleibt kaum oder gar keine Zeit für sie selbst in dieser arbeitsreichen Monotonie. Schon als kleine Mädchen mussten sie viele Aufgaben übernehmen, für Schulbesuch gab es kein Geld, keine Zeit und vor allem kein Verständnis. Viele Männer sagen ganz offen: „Warum sollte eine Frau lesen und schreiben können?

Dass ihre Kinder nun lernen dürfen und können, ist für die ganze Familie etwas Besonderes. Sie wissen, dass sich die Anstrengungen lohnen, dass es diese Generation einmal besser haben kann. Aber es wird ihnen auch täglich vor Augen geführt, dass sie selbst eigentlich keine Zukunft, sondern nur Alltag und Sorgen haben.

Das Adult Literacy Program richtet sich an die spezifischen Bedürfnisse und Probleme dieser Frauen. Hier lernen sie Schritt für Schritt in ihrem eigenen Tempo lesen und schreiben. Die Teilnehmerinnen sind verschiedenen Alters – vom elfjährigen Mädchen (die als Haushaltshilfe arbeiten und deshalb nicht in die Schule gehen können) bis zur 60jährigen Großmutter, deren größter Traum es ist, einen ganzen Brief zu schreiben. Der Unterricht beinhaltet viele praktische Elemente, die ihnen das tägliche Haushalten einfacher machen (so z.B. Rechnen und Einkaufsplanung, Ernährungslehre) außerdem wechselnde, ihren Problemen und Fragen angepasste Angebote. Und was am großartigsten ist: sie erweitern ihre gesamte Lebensperspektive! Auf Ausflügen erkunden sie die unbekannte Welt außerhalb der bustees, gehen ins Museum, zum berühmten Victoria Memorial, essen in einem einfachen Restaurant – alles zum ersten Mal in ihrem Leben!

Die große Akzeptanz dieses BWC-Projektes in den bustees und darüber hinaus zeigt sich in der Unterstützung von vielen Seiten: die Unterrichtsräume im Slum dürfen kostenlos genutzt werden. Arbeitgeber stellen ihre Haushaltshilfen für die Kurszeit frei, den auch sie haben Vorteile vom Elan und den neuen Fähigkeiten der Frauen. Und ihre Familien freuen sich über den vielfältigen Nutzen des Erlernten, was allen zu gute kommt.